fünf Personen wandern einen verschneiten Berg hinauf / Pistentouren - Die sanfte Revolution

Pistentouren – Die sanfte Revolution

Und wieder ein Corona-Winter. Der Zweite. Wer hätte noch vor einem Jahr geglaubt, dass wir anfangen werden, die Corona-Jahreszeiten zu nummerieren.

Einreisebeschränkungen, Quarantäne bei Einreise und/oder Wiedereinreise, Lockdowns, geschlossene Skigebiete, 2G, 3G plus und viele weitere Corona-Maßnahmen der Politik treffen den Wintertourismus hart.

Kein Wunder also, dass Wintersportler seit Beginn der Pandemie immer wieder nach Auswegen suchen. Einen Ausweg bietet das Skitouren-Gehen. Wurde der erste Corona-Winter 2020/21 bereits von einem starken Skitouren-Boom geprägt, so vollzieht sich in seinem Schatten ein weiterer Wandel. Das Aufkommen des Pistentourings.

Der Einstieg ins Skitouring

Die Vorteile für Wintersportler liegen auf der Hand[1]: Pistentouren stellen einen niedrigschwelligen Einstieg dar, frei von den damit verbundenen Hürden wie alpiner Erfahrung, Tiefschneetauglichkeit und Lawinenkunde.

Pistentouren sind für viele eingefleischte Tourengeher schon lange zum Fitnessstudio-Ersatz geworden: eine schnelle, effektive Trainingseinheit für die großen Tourenziele im freien Gelände. Dazu gesellen sich seit einigen Jahren immer mehr Sportler, die im Pistentourengehen eine ganz eigene Disziplin für sich entdeckt haben.

Touren im freien, alpinen Gelände? Müssen nicht sein, die neue Touren-Community ist vollauf zufrieden mit ihrem Sport am Pistenrand. Corona und die daraus resultierende Lockdown-Situation mit den geschlossenen Liftanlagen wirken hier wie ein Katalysator.

Pistentourer, die Rebellen der Piste

Für Wintersportler ist das schon fast ein gewohntes Bild: Hier Tourengeher, die sich auf und neben der Piste langsam den Hang hochquälen. Dort Skifahrer die Tourengehern oft erst auch in letzter Sekunde ausweichen. Zwei Welten prallen aufeinander. Im Sog des Skitourings entwickelt sich die Zahl der Pistentouren-Geher explosionsartig. Dieser Trend stellt viele Skigebietsbetreiber vor große Herausforderungen: Wie soll mit der steigenden Zahl der Pistentourer umgegangen werden? Will man die Tourengeher komplett von den Pisten verbannen oder stellen sie eine willkommene Ergänzung für Tourismus und Gastronomie dar?

Verantwortliche wie Matthias Stauch[2], Präsident des Verbands Deutscher Seilbahnen und Schlepplifte e.V. und Vorstand Bayerische Zugspitzbahn Bergbahn AG Garmisch-Partenkirchen, sehen darin eine dauerhafte Veränderung des Wintersportbetriebes, auf die Tourismusbranche und Liftbetreiber eine Antwort finden müssen: „Die Situation an sich ist nicht neu. Der Trend zum Tourengehen bzw. Pistentourengehen entwickelt sich seit Jahren, und auch Aktivitäten wie Schneeschuhwandern und Rodeln gewinnen an Bedeutung.“

Auf zahlreiche Fragen gibt es derzeit noch zu wenige befriedigende Antworten auf die drängendsten Fragen: Wie können Skifahrer und Tourengeher sicher und friedlich dieselben Pisten nutzen? In welchem Maße sind Pistentourer auch bereit die Pistenpflege mitzutragen? Welche Angebote sind darüber hinaus möglicherweise für Tourengeher noch von Interesse?

In einigen Skigebieten finden sich mittlerweile schon eigene gewalzte Aufstiegsspuren für Tourengeher, die räumlich von der Piste getrennt sind. Andere Betreiber verbieten nach wie vor Pistentouring auf ihren Anlagen.

Solange es auf diese Fragen keine endgültigen, zufriedenstellenden Antworten gibt, werden Tourengeher die sanften Rebellen auf den Alpinpisten bleiben.

Neue Chancen für den Wintertourismus

Schafft es die Branche aus den Erfahrungen der beiden Corona-Winter zu lernen, lassen sich mit neuen Geschäftsmodellen neue Gästepotentiale erschließen. Die Möglichkeiten sind mannigfaltig: Von der Inkludierung des Tourengehens im Saisonpass bis hin zu ausgewiesenen und gekennzeichneten Aufstiegsrouten.

Experten fordern daher schon seit einiger Zeit die Emanzipation von einseitigen Alpinski-Konzepten.

Hybride Modelle welche die sanfteren Seiten des Wintersport-Tourismus wie Tourengehen, Langlaufen oder Schneeschuh-Wandern einschließen, werden nicht nur neue Gästepotentiale erschließen, sondern auch die Attraktivität der Wintersportgebiete deutlich steigern und das Gesicht des Wintersports nachhaltig verändern.

 

[1], [2] https://www.ispo.com/maerkte/corona-winter-2021-die-sanfte-rebellion-des-pistentourings, abgerufen am 06.01.2022 um 17:59 Uhr


eine Fabrikhalle mit einigen Personen, die in einer Reihe an Tischen sitzen und an Paketen arbeiten / Die Heimkehr von Prozessen

Die Heimkehr der Prozesse

Schmelzende Kostenvorteile und die Verfügbarkeit neuer Technologien beschleunigt ein Umdenken in Firmenzentralen. Immer mehr Unternehmen verlagern ihre Prozesse zurück ins Stammland. Neuartige Prozesstechnologien wie Robotic Process Automation und Maschinelles Lernen schneiden tief in den Business Process Outsourcing Markt und unterstützen den aufkeimenden Insourcing-Trend.

Im Verlauf der letzten 20 Jahre haben Unternehmen branchenunabhängig immer wieder einen Teil ihrer Prozesse an externe Dienstleister, meist in Billiglohnländer wie Indien, China und Vietnam, ausgelagert.

Gründe für das Outsourcing waren und sind für Firmen vor allem immer wieder die Erzielung von Kosten-, Flexibilitäts- und Qualitätsvorteilen. Allerdings wurden seit jeher diese Vorteile u. a. durch deutlich höhere Kommunikations- und Steuerungsaufwände, Kontrollverluste, gestiegene Abhängigkeiten, ein verschlechtertes Betriebsklima und ungewollte vertrauliche Einblicke ins Kerngeschäft mitunter teuer erkauft.

Daher verwundert es nicht, dass Firmen munter darüber nachdenken, vor Jahr und Tag ausgelagerte Prozesse wieder in heimischere Regionen zurückzuführen. Neben schrumpfenden Kostenvorteilen[1] in asiatischen und osteuropäischen Outsourcing-Zentren fungiert die zunehmende Automatisierung als Treiber der aufkeimenden Insourcing-Bewegung.

RPA unterläuft Kostenvorteile durch Business-Process-Outsourcing

Gerade im Bereich der Prozessautomatisierung egalisiert Robotic Process Automation immer häufiger die Gründe für komplizierte Outsourcing-Verfahren. Streng genommen ist RPA ja auch eine Form von Outsourcing, aber eben an einen Roboter (oder eine Roboterfarm) anstatt eines externen Dienstleisters.

So werden 2021 bereits mehr als vier Millionen Roboter[2] in der Prozessautomatisierung ihren Dienst versehen.

Eines ist ganz klar. Der Markt für Software-botgestützte Automatisierung von Prozessen boomt. Waren es im Jahr 2016 noch ca. 250 Millionen US-Dollar, verzwölffacht sich der Markt innerhalb von fünf Jahren auf 2,9 Milliarden[3] US-Dollar in 2021. Zwei von drei Unternehmen[4] werden 2020 bereits RPA-Serviceleistungen in Anspruch nehmen, Tendenz steigend. Noch sind es überwiegend Großunternehmen mit »reifer IT«, d. h. zahlreiche Prozesse laufen dort bereits weitgehend IT-gestützt (wenn auch nicht frei von Medienbrüchen und manuellen Routineaufgaben) ab.

BPO-Marktentwicklung zeigte bereits vor Corona einen rückläufigen Trend

Betrachtet man einmal nicht das über Jahre an Billiglohnländer übertragene akkumuliert anwachsende BPO-Volumen, sondern die jährlichen vergebenen BPO-Vertragsvolumina zeigt sich ein weitaus aufschlussreicheres Bild (siehe Abb. 01). Der BPO-Markt ist seit seinem Höchstwert von 36,5 Mrd. US-Dollar im Jahre 2012 rückläufig. So hat sich das seit Erreichen des Höchstwertes vergebene Vertragsvolumen in den letzten Jahren bereits um ein gutes Drittel auf etwa 24 Mrd. US-Dollar reduziert. Einen wesentlichen Anteil daran hat die zunehmende Prozessautomatisierung.

Abb. 01: Jährliche Entwicklung der vergebenen BPO-Vertragsvolumina in Mrd. US-Dollar[5]

 

RPA, als ein stetig an Bedeutung gewinnender Vertreter dieser Gattung, wurde bereits genannt. Nicht unterschlagen sollte man in diesem Zusammenhang auch die wachsende Bereitschaft der Unternehmen Prozesse intelligenter auszugestalten. In zahlreichen Organisationen sind Prozesse bereits zu rudimentären Verhaltensvorhersagen (u.a. Predictive Maintenance, Fehler-Frühwarnungen) fähig. Auch diese Entwicklung übt einen günstigen Einfluss auf die Prozesskosten aus.

Entscheidend ist in all diesen Fällen, dass bereits schrumpfende Kostenvorteile in den Billiglohnländern weiter an Attraktivität verlieren.

Fazit

Bringt man in diese Gleichung noch die durch die Corona-Pandemie arg gebeutelten und zum Zerreißen gespannten Just-in-Time betriebenen Wertschöpfungsketten ein, wird ein Einstieg, vor allem für Unternehmen die noch nicht oder kaum BPO- und Shared Service Angebote nutzen, zusehends unattraktiver und riskanter. Zu diesem Trend gesellt sich auch eine zunehmende regionale Lokalisierung von Unternehmensstandorten durch rechtlich-, ökologisch- und sozial unterschiedliche Entwicklungen.

 

[1]    Buchter, Heike: »Schluss mit der Globalisierung«, in: Zeit Online, 18.10.2017, Zugriff: 10.11.2019.

[2]    The Forrester Wave™: Robotic Process Automation, Q1 2017, https://www.forrester.com/report/The+RPA+Market+Will+Reach+29+Billion+By+2021/-/E-RES137229 (Zugriff: 27.04.2020).

[3]    The Forrester Wave™: Robotic Process Automation, Q1 2017, https://www.forrester.com/report/The+RPA+Market+Will+Reach+29+Billion+By+2021/-/E-RES137229 (Zugriff: 27.04.2020).

[4]    Deloitte Consulting, https://www2.deloitte.com/bg/en/pages/technology/articles/deloitte-global-rpa-survey-2018.html (Zugriff: 27.04.2020).

[5] www.statista.de (Zugriff 12.11.2020), https://www.statista.com/statistics/190150/industrywide-contract-value-business-process-outsourcing/


vier Personen wandern einer Schneespur hinterher / Skitouren - Ein Mittel gegen den Corona Frust

Skitouren - ein Mittel gegen den Corona-Frust

Keine Frage. Corona hat den Wintertourismus und die Skiindustrie schwer getroffen. Vorzeitige Schließungen der Wintersportgebiete und eine erschwerte Zukunftsplanung haben für einen signifikanten Orderrückgang bei den Ski-Herstellern gesorgt:

„Im Vergleich zum Vorjahr haben wir in diesem Jahr einen circa 20 bis 25 Prozent niedrigeren Orderstand“,

berichtet Wolfgang Mayrhofer[1], Sprecher der österreichischen Skiindustrie.

Skitouren im Trend

Allerdings ist dieser Trend nicht bei allen Produkten gleich ausgeprägt. Gerade im Tourenski-Segment, das bereits in den Vorjahren jährliche Wachstumsraten von 20% und mehr aufwies, bahnt sich eine gegenläufige Entwicklung an. Es steht zu erwarten, dass die mittlerweile rund 600.000 Skitourengeher in Deutschland (500.000 sind es in Österreich) weiteren Zuwachs bekommen werden. Der Grund liegt auf der Hand. Das reduzierte Angebot bei Fernreisen und die hohe Planungsunsicherheit lässt viele Touristen umdenken. Hinzu kommt, dass viele Skigebiete noch nicht wissen mit welchen Auflagen sie in die Wintersaison starten. Kleinere Skigebiete kommen da schon ins Grübeln, ob unter diesen Umständen ein „normaler“ Betrieb wirtschaftlich überhaupt möglich ist.

Menschen streben wieder nach Beständigkeit und Selbstbestimmtheit

Dies führt zu einem Umdenken. Der Sommer hat bereits gezeigt, dass der Urlaub in den Bergen boomt und dieser Trend auch im Winter anhalten könnte. Statt Unsicherheit und regional unterschiedlicher Corona-Auflagen streben viele Menschen gerade nach einem Stückchen Beständigkeit und Selbstbestimmtheit. Der Zug hinaus in die Natur, auf eigene Faust unterwegs zu sein war bereits im Frühjahr und Sommer zu beobachten. Der Sportmarkt für Fahrräder und Laufartikel ging praktisch durch die Decke.

So ist auch dieses Jahr mit vielen Skitouren-Neueinsteigern zu rechnen. Zusehends werden Skitouren auch für Familien interessant wie die Absatzzahlen bei Kinderskiern belegen. Gerade auch kleinen Skigebieten bietet diese Entwicklung Chancen. In Gebieten, wo sich der Betrieb von Liftanlagen aufgrund begrenzter Pistenkilometer und Höhenlage schon länger nicht mehr rechnet könnte hier ein Gegenentwurf sanfteren Bergtourismus entstehen. So herrscht beispielswiese am Grünten im Allgäu ein regelrechter Ansturm von Skitourengehern seit dort die Lifte außer Betrieb genommen wurden. Andere Skigebiete bieten auf ihren Hütten nächtliche Tourenabende, um Toureneinsteiger abends zum ungefährlichen Aufstieg entlang der Piste zu locken.

Es lockt ein neues Naturverständnis

In dieser Entwicklung liegt eine Chance ein Stück Nähe zur Natur zurückzugewinnen. Abseits von dieselbetriebenen Aufstiegshilfen und lärmendem Massentourismus gelingt es einigen von uns vielleicht eine neue Balance mit unserer Umwelt wiederzufinden. Gerade da eröffnet die Pandemie, trotz allem Schreck und aller Widrigkeiten, auch eine Möglichkeit Alltagsängste und Stress, angesichts einer mit anderen Augen wahrgenommenen Natur, abzubauen und zu heilen.

[1] https://www.fr.de/wirtschaft/wintersport-mit-ski-und-schneeschuh-gegen-den-corona-frust-90024934.html


Nahaufnahme eines Gesichts auf der linken Bildseite, auf der anderen Seite sind farbintensive Muster zu sehen / Warum wir beginnen müssen, das Unsichtbare zu verstehen

Warum wir beginnen müssen, das Unsichtbare zu verstehen

Viele denken sich nun sicherlich und zurecht: „Was soll diese Überschrift bedeuten?“. Nun – ich beginne jetzt nicht direkt wieder mit den herkömmlichen lästigen Themen wie „Digitalisierung“, „Corona“ oder „New Work“– obwohl mein Anliegen sehr viel damit zu tun hat - Nämlich mit dem Erkennen und Verstehen des nicht unwesentlich Unsichtbaren.

Sehen wir uns zunächst einmal das Sichtbare an:

Um die Weihnachtszeit 1938 verdichteten sich die Anzeichen, dass Urankerne durch Beschuss zerbrechen können. Für die damalige Physik war das eine unglaubliche Annahme. Otto Hahn, Lise Meitner und Fritz Strassmann lieferten die wissenschaftlichen Beweise dafür.

Durch die Spaltung eines Kerns scheint unsichtbare Energie auszutreten. So viel, dass wir Menschen es Jahrzehnte lang im Sommer kühl, im Winter warm und in der Nacht hell hatten. Dass wir unsere Wirtschaftssysteme, unseren Konsum und unsere Sehnsucht nach Gewinn hochfahren konnten. Heutzutage wurde diese Form der Energiegewinnung, zumindest vertraglich, weitestgehend zurückgeschraubt. Wir legen mehr Wert auf Umwelt und Ökologie, gehen achtsamer mit uns und unserer Umwelt um. Trotzdem musste erst Corona kommen (ja ich weiß, da ist es wieder...), um wenigstens das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass es Dinge, Gefahren und nicht Unwesentliches gibt, was der Mensch einfach nicht sieht – und deshalb oft die Relevanz verkennt.

Das natürliche Phänomen, welches uns Hahn, Meitner und Strassmann im Winter 1938 bereits zeigten, beschreibt in seinen Grundzügen unsere Situation: Altes, Bestehendes und Bewährtes wird aufgebrochen und es entsteht neue, unsichtbare Energie, die genutzt werden kann.

Sind wir doch mal ehrlich: Unser ganzes Leben zehrt davon, dass wir Löcher aufreißen oder aufgerissen bekommen und wir aus diesen Löchern Beete gestalten, aus welchen später die Errungenschaften unseres Lebens sprießen sollen. Ob die Löcher nun der Abbruch eines Studienganges, die verpasste Chance als Young Professional, der Tod eines geliebten Menschen oder eine Depression sind, so wird eines immer wieder klar: Irgendwann kommt für jeden ein Punkt im Leben, da geht es einfach nicht so weiter, wie man es sich vorgestellt hat. Vielleicht verliert man die Nerven und ist unglaublich traurig oder gekränkt. Von Anderen, von sich oder einfach nur von der Tatsache, dass das Schicksal einen selbst getroffen hat. Meistens macht man trotzdem weiter und nach einer gewissen Zeit spürt man tief in sich ein befreiendes Gefühl, ein Gefühl der Wehmut, man schwelgt in Erinnerungen und erkennt oft für sich selbst: es war gut, genau so wie es passiert ist.

Im wirtschaftlichen Kontext wird an dieser Stelle ebenso klar, dass disruptive Veränderungen wie nun Mal beispielsweise der Stillstand unseres „Jahrhundert-Konsums“ während der Corona-Krise, zu wirtschaftlichen Engpässen führen. Einer Studie der MSR Consulting Group zufolge erwartet etwa jedes vierte Unternehmen langfristige Folgen. Jedes sechste Kleinstunternehmen sieht sich sogar bereits jetzt in seiner Existenz bedroht. Die Lage ist ernst. Konsum und Verhalten ändern sich, Strukturen werden aufgerissen, Prozesse laufen anders ab und aus etwas zunächst Unsichtbarem, wird plötzlich etwas Sichtbares.

Was können wir von diesen Erfahrungen nun mit ins Unsichtbare nehmen?

Kerne spalten sich, Energie strömt aus.

Menschen erfahren Dinge und wachsen daraus.

Schmerz – Glück.

Corona – Home-Office. Okay, Scherz.

Aber Eines ist klar: Krankheit – Zerstörung – Schmerz – Anstrengung – Zerwürfnis bringt immer etwas Neues mit sich: Mut – Stärke – Resilienz – Denkanstöße – Neue Freundschaften – Neue Geschäftsfelder.

Menschen, die hart von den Symptomen der aktuellen Veränderung getroffen wurden, werden sicherlich spätestens jetzt den Tab schließen. Aber auch da, ehrlicher Weise: Wir leben im Überfluss. Vorwiegend jene Branchen, welche die grundlegende Versorgung des menschlichen Lebens unterstützen, hatten während aller bisheriger Krisen die höchsten Erträge. Der Luxus, an einem sonnigen Sonntagnachmittag in meinem Lieblingscafé selbstgebackenen New York Cheesecake zu essen und einen Zimt-Latte Macchiato zu trinken, war mir nicht vergönnt. Stattdessen gönnte ich mir - Nein, keine Palette Toilettenpapier - Zimmerpflanzen, Blumenerde und ein Massagekissen. Andere Branchen haben eben auf ein Pferd gesetzt, welches durch unsere Verhaltensänderung nicht oder sogar positiv betroffen war. Glück – oder eben gute und vorausschauende Geschäftsstrategie.

Das alles nur wegen der Gesundheit Anderer? Ist Geld wichtiger als Leben?
Zack – da schließt sich auch der letzte Tab.
Bevor wir zur Frage kommen, was Leben eigentlich ist, komme ich zum eigentlichen Punkt:

Brüche sind ein Teil von uns. Verändert sich ein Bestandteil unseres Kontextes, so führt dies unweigerlich zu einer Veränderung an anderer Stelle. Ein drastischer Einschnitt kostet uns entweder Geld, Kraft oder Lebensqualität. Lege ich die Arbeitswelt im großen Stil lahm, verändere ich unweigerlich die Privatwelt der Menschen – ob positiv oder negativ. Die Dinge stehen miteinander in einer dynamischen Verbindung. Ändert ein Zahnrad im System seine Drehrichtung, so bringt dies unweigerlich die gesamte Dynamik ins Ungleichgewicht. Ein sogenannter disruptiver Einschnitt wird im heutigen Verständnis, im Zusammenhang der Digitalisierung, als neue Technologien und die Verschiebung der Geschäftsfelder bezeichnet. Es steckt jedoch viel mehr Disruption und damit auch Energie in unseren Leben, als wir alle glauben. Energie, die zunächst unsichtbar ist, welche wir jedoch für uns und unsere Entwicklung nutzen können, wenn wir denn je tiefer als nur an der Oberfläche scharren.

Wieso nutzen nur so wenige Menschen und Unternehmen dieses vermeintlich unwesentliche Wissen?

I don ́t know. Was ich aber sicher weiß:

Als Unternehmensberaterin erlebe ich es viel zu oft, dass Menschen versuchen an Stellschrauben zu manipulieren, welche durch die Drehrichtung anderer, tiefer verankerter Zahnräder blockiert sind. Es wird lieblos, ungesteuert und halbherzig an verschiedenen Stellen in Unternehmen an der Oberfläche gekratzt und sich gewundert, wieso man überall auf neue Hindernisse der Veränderung stößt. Das Verständnis für den systemischen Ansatz fehlt. Der Nährboden aus Politik, Macht und Angst lässt die Saat im Keim ersticken. Die „Kernspaltung“ bleibt aus und alles geht weiter wie bisher, vielleicht mit einem neuen Tool, oder angepassten KPIs. Die Ursache des eigentlichen Problems besteht weiterhin. Die Erkenntnis darüber, dass die Natur, das Unsichtbare und scheinbar Unwesentliche, oftmals der entscheidende und beispielhafte Faktor ist, bleibt aus. Meine Beauftragung als Beraterin endet – und es folgt der gleiche Prozess, andere Abteilung, anderes Unternehmen.

Disruption tut weh, ist anstrengend und lässt viele Dinge, Firmen, Erdteile oder Menschen in ebenso viele Löcher fallen. Diejenigen die es aber schaffen, ihr Beet gemeinsam zu errichten und den Boden mit Nährstoffen zu versetzen, die werden es auch schaffen, den Kern ihrer Saat aufzubrechen und das Neue wachsen zu lassen. Mit Planung, Pflege und Schnitt.