Keine Frage. Corona hat den Wintertourismus und die Skiindustrie schwer getroffen. Vorzeitige Schließungen der Wintersportgebiete und eine erschwerte Zukunftsplanung haben für einen signifikanten Orderrückgang bei den Ski-Herstellern gesorgt:

„Im Vergleich zum Vorjahr haben wir in diesem Jahr einen circa 20 bis 25 Prozent niedrigeren Orderstand“,

berichtet Wolfgang Mayrhofer[1], Sprecher der österreichischen Skiindustrie.

Skitouren im Trend

Allerdings ist dieser Trend nicht bei allen Produkten gleich ausgeprägt. Gerade im Tourenski-Segment, das bereits in den Vorjahren jährliche Wachstumsraten von 20% und mehr aufwies, bahnt sich eine gegenläufige Entwicklung an. Es steht zu erwarten, dass die mittlerweile rund 600.000 Skitourengeher in Deutschland (500.000 sind es in Österreich) weiteren Zuwachs bekommen werden. Der Grund liegt auf der Hand. Das reduzierte Angebot bei Fernreisen und die hohe Planungsunsicherheit lässt viele Touristen umdenken. Hinzu kommt, dass viele Skigebiete noch nicht wissen mit welchen Auflagen sie in die Wintersaison starten. Kleinere Skigebiete kommen da schon ins Grübeln, ob unter diesen Umständen ein „normaler“ Betrieb wirtschaftlich überhaupt möglich ist.

Menschen streben wieder nach Beständigkeit und Selbstbestimmtheit

Dies führt zu einem Umdenken. Der Sommer hat bereits gezeigt, dass der Urlaub in den Bergen boomt und dieser Trend auch im Winter anhalten könnte. Statt Unsicherheit und regional unterschiedlicher Corona-Auflagen streben viele Menschen gerade nach einem Stückchen Beständigkeit und Selbstbestimmtheit. Der Zug hinaus in die Natur, auf eigene Faust unterwegs zu sein war bereits im Frühjahr und Sommer zu beobachten. Der Sportmarkt für Fahrräder und Laufartikel ging praktisch durch die Decke.

So ist auch dieses Jahr mit vielen Skitouren-Neueinsteigern zu rechnen. Zusehends werden Skitouren auch für Familien interessant wie die Absatzzahlen bei Kinderskiern belegen. Gerade auch kleinen Skigebieten bietet diese Entwicklung Chancen. In Gebieten, wo sich der Betrieb von Liftanlagen aufgrund begrenzter Pistenkilometer und Höhenlage schon länger nicht mehr rechnet könnte hier ein Gegenentwurf sanfteren Bergtourismus entstehen. So herrscht beispielswiese am Grünten im Allgäu ein regelrechter Ansturm von Skitourengehern seit dort die Lifte außer Betrieb genommen wurden. Andere Skigebiete bieten auf ihren Hütten nächtliche Tourenabende, um Toureneinsteiger abends zum ungefährlichen Aufstieg entlang der Piste zu locken.

Es lockt ein neues Naturverständnis

In dieser Entwicklung liegt eine Chance ein Stück Nähe zur Natur zurückzugewinnen. Abseits von dieselbetriebenen Aufstiegshilfen und lärmendem Massentourismus gelingt es einigen von uns vielleicht eine neue Balance mit unserer Umwelt wiederzufinden. Gerade da eröffnet die Pandemie, trotz allem Schreck und aller Widrigkeiten, auch eine Möglichkeit Alltagsängste und Stress, angesichts einer mit anderen Augen wahrgenommenen Natur, abzubauen und zu heilen.

[1] https://www.fr.de/wirtschaft/wintersport-mit-ski-und-schneeschuh-gegen-den-corona-frust-90024934.html