Die jüngste Ausgabe des Arbeitgebermagazins der AOK Baden-Württemberg „gesundes unternehmen“ hat uns einmal mehr inspiriert, über die Bedeutung einer offenen Gefühls- und Unternehmenskultur nachzudenken. Ein kurzer Auszug aus dem Leitartikel „Zeigen oder schweigen? Emotionen bei der Arbeit“[1].
»Wer seine Gefühle [...] versteckt, unterdrückt damit einen wichtigen Teil dessen, was einen Menschen ausmacht. [...] Gleichzeitig legt laut Laura von Gisela [Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Hochschule Fresenius, Anm. d. Verf.] die Forschung nahe, dass ein positiver Zusammenhang zwischen dem Zeigen von Gefühlen und der Qualität zwischenmenschlicher Beziehungen bestehe.«
Jetzt könnte man natürlich sagen: Was spielen Gefühle bei der Arbeit für eine Rolle? Kann meinen Kollegen doch egal sein, wie es mir geht. Und sicher; der Umgang mit Gefühlen kann anstrengend sein. Es ist leichter, auf sachlicher Ebene einen Konsens zu finden, ohne sich um Befindlichkeiten von Einzelpersonen kümmern zu müssen. Doch wollen wir das wirklich – als Unternehmen und als Menschen?
Wir bei Gemsensprung sagen ganz klar: Nein!
Einen Großteil unseres Tages verbringen wir bei der Arbeit und erleben Höhen und Tiefen: Wir sind morgens voller Tatendrang und erschöpft nach einem langen Meeting. Wir haben Spaß an einer Aufgabe und regen uns über eine andere auf. Wir quatschen in der Mittagspause entspannt mit der Kollegin und fluchen nachmittags über einen Fehler eines Lieferanten. Emotionen gehören genauso zur Arbeit wie die Aufgaben selbst. Sie prägen unsere Motivation, unsere Kreativität und vor allem unser Miteinander.
Doch unsere Gefühle enden nicht, wenn wir das Büro verlassen: Wir freuen uns auf das Treffen mit einem Freund am Abend und sind gestresst davon, dass wir davor noch einkaufen gehen müssen. Wir freuen uns, weil die Schwester am Wochenende heiratet und sind voller Trauer über den Verlust eines geliebten Menschen. Wir haben uns mit dem Partner gestritten und freuen uns auf den lang geplanten Ausflug mit der Familie.
Mitarbeitende, Kolleginnen und Kollegen, Führungskräfte – wir Menschen haben Emotionen, auch außerhalb der Arbeit. Wir tragen sie mit uns: in unser Privatleben, in unseren Arbeitsalltag und zurück. Deshalb ist es für uns bei Gemsensprung so wichtig, diese Gefühle nicht zu ignorieren, sondern aktiv anzuerkennen.
Doch wie kann das im lauten und vollgepackten Arbeitsalltag gelingen – insbesondere wenn ein großer Teil der Belegschaft im Homeoffice arbeitet?
Teamgeist kennt keine räumliche Distanz
Bei Gemsensprung arbeiten wir sowohl gemeinsam in unseren Büros in Wangen und München, als auch remote in ganz Deutschland verteilt. Aus Erfahrung wissen wir: Zusammengehörigkeit und eine offene Gefühlskultur in einem breit verstreuten Team zu schaffen bedarf Arbeit; ist aber nicht unmöglich. Wir wollen hier einige Erfahrungswerte teilen, um Unternehmen zu motivieren: Teamgeist kennt keine räumliche Distanz!
Montäglicher Check-in mit dem ganzen Team: Immer montags um 08:30 Uhr treffen wir Gemsen uns in einem virtuellen Meeting, dessen einziger Tagesordnungspunkt das Team selbst ist. Alle dürfen nacheinander von ihrem Wochenende und den in der kommenden Woche anfallenden Aufgaben berichten. So werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Die Mitarbeitenden erhalten einerseits die Möglichkeit, von ihrer aktuellen (emotionalen) Lage erzählen zu können und können das Team gleichzeitig um Hilfe für anfallende Tasks bitten: Vielleicht braucht ein Kollege diese Woche Unterstützung bei der anstehenden Produktpräsentation. Vielleicht sorgte ein Schicksalsschlag am Wochenende dafür, dass eine Kollegin heute etwas emotionaler als gewöhnlich ist. Vielleicht hat ein Kollege ab Mittwoch Urlaub und ist nur bis Dienstag 17:00 Uhr für Fragen erreichbar. Es gibt viele Gründe – rein praktische und menschliche, warum es wichtig für das Team ist, einen konkreten Anlass für ihre Belange zu schaffen. So trauen sich auch zurückhaltende Mitarbeitende, offen über ihre Emotionen in Bezug auf Arbeit und Privatleben zu sprechen. Ganz auf freiwilliger Basis; getreu dem Motto „alles kann, nichts muss.“
Regelmäßige Updates für alle: „Auf den Buschfunk ist immer Verlass.“ Das ist sicherlich wahr, aber ein durchaus fragliches Vorgehen. Und den (berechtigten) Unmut der Kolleginnen und Kollegen, die die Neuigkeiten als letzte und nur zufällig oder über Umwege erfahren, können wir uns sicher alle vorstellen. Dass transparente, regelmäßige Mitarbeitenden-Kommunikation wichtig ist, ist längst kein Geheimnis mehr. Doch was nützt es, wenn die Münchner Gemsen morgens in der Kaffeeküche informiert werden und bestens Bescheid wissen, wenn die anderen 15 Teammitglieder unwissend bleiben? Besonders in einem hybrid arbeitenden Team ist es wichtig, offizielle Kommunikationskanäle und -anlässe zu schaffen. Für uns bei Gemsensprung bedeutet das einmal in der Woche einen Termin mit allen Mitarbeitenden, an dem aktuelle Themen besprochen werden. Darüber hinaus werden kleinere Updates per Nachricht an alle verschickt. Das sorgt dafür, dass alle gleichermaßen informiert werden und kein Teammitglied abgehängt wird.
Mentoring und Feedback-Gespräche: Auch wenn unsere regelmäßigen Austausch-Termine mit dem ganzen Team konsequent stattfinden, gibt es Themen, die nicht in der großen Runde besprochen werden können. Hier greift unser internes Mentoring zwischen erfahreneren Gemsen und neu dazugekommenen Kolleginnen und Kollegen. Darüber hinaus haben wir jährlich Feedback-Gespräche. Diese werden auch gerne zum Anlass genommen, um sich in Präsenz in einem der Büros zu treffen oder zusammen zum Mittagessen zu gehen. Das fördert zusätzlich den Dialog unter den Kolleginnen und Kollegen – egal an welchem Ort sie arbeiten – und schafft Raum für persönliche Gespräche.
Teamevents außerhalb vom Arbeitsalltag: Um den Teamzusammenhalt kontinuierlich zu fördern und um Gesprächsräume außerhalb von vereinbarten Meetings zu schaffen, finden bei Gemsensprung regelmäßig Teamevents statt. Wir haben ein Floos gebaut und sind damit über den See geschippert; wir haben eine Hütte in den Bergen gemietet und waren wandern; wir haben uns die Skier umgeschnallt und sind Langlaufen gewesen. Gemeinsame Erlebnisse schaffen gemeinsame Erinnerungen. Das sorgt für gute Stimmung im Team; auch außerhalb der Freizeitaktion.
Gefühle sind kein Klotz am Bein
Eine gelebte emotionale Offenheit in Unternehmen bereichert nicht nur die zwischenmenschlichen Beziehungen unter Kolleginnen und Kollegen, sie steigert auch die Produktivität. Denn wenn Mitarbeitende nicht offen kommunizieren, entstehen schnell Missverständnisse, die für Spannungen im Team sorgen können. Schlimmstenfalls mindert das die Verbundenheit zum Unternehmen und sorgt für eine hohe Fluktuation. Darüber hinaus kann dem Unternehmen die Innovationskraft erheblich verloren gehen, denn kreative Lösungen entstehen oft durch Diskussionen und den Austausch von Gedanken und Emotionen. Wenn Mitarbeitende sich nicht trauen, ihre Ideen oder Bedenken offen zu äußern, gehen wertvolle Perspektiven verloren.
Was festzuhalten bleibt: Gefühle sind kein Klotz am Bein! Emotionen hindern Unternehmen nicht daran produktiv zu sein. Was Produktivität hemmt, sind Mitarbeitende, die sich unwohl fühlen und nicht offen kommunizieren (können). Bei Gemsensprung leben wir deshalb eine offene und emotionale Unternehmenskultur. Und ja, das kann manchmal herausfordernd sein. Doch es lohnt sich immer. Am Ende des Tages zahlen sich Wertschätzung und Empathie für alle aus. Das stärkt nicht nur das Wohlbefinden, sondern auch den Zusammenhalt und die Innovationskraft. Wir sind #AlwasyBetterTogether und schätzen uns gegenseitig – als Team und als Menschen.