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Prozessreife: Basis einer erfolgreichen Digitalisierung

Im folgenden Blogbeitrag findest du eine Zusammenfassung des Artikels "Prozessreife: Basis einer erfolgreichen Digitalisierung" von Rupert Hierzer. Der Fachbeitrag wurde in der Zeitschrift ERP Information 2/2023 veröffentlicht. Hier könnt ihr den vollständigen Originalbeitrag kostenlos lesen und hier könnt ihr euch ein kostenloses Probeabo bestellen.

Schlüssel zur Effektivität und Effizienz

Prozesse sind komplexe und dynamische Kooperationen entlang einer Wertschöpfungskette. Sie unterliegen ständigen Veränderungen durch Mitarbeiterwechsel, Software-Installationen und technologische Erneuerungen.

Reifegradmodelle bewerten die Effektivität, Effizienz und Erfüllung von Erwartungen und Anforderungen eines Prozesses. Ein höherer Reifegrad deutet auf einen ausgereifteren Prozess hin.

Die Beurteilung der Prozessreife umfasst auch eine Bewertung des Prozessmanagements, das für die Betreuung, Verbesserung und Weiterentwicklung der Prozesse zuständig ist. Wenn das Prozessmanagement schwach oder nicht vorhanden ist, wirkt sich dies negativ auf die Reife der Prozesse aus.

Reifegradmodelle

In den 1970er-Jahren entstanden die ersten Reifegradmodelle, und heute gibt es schätzungsweise mehr als 200 verschiedene Modelle. Das bekannteste davon ist das Capability Maturity Model Integration (CMMI) und seine Derivate, die ursprünglich für Softwareprozesse entwickelt wurden. Es existieren jedoch viele andere Prozessreifegradmodelle, die auf verschiedene Arten von Prozessen und Branchen anwendbar sind.

Reifegradmodelle arbeiten nach einem einheitlichen Prinzip und folgen in der Regel fünf Entwicklungsstufen, an denen die Beurteilung der Reife ausgerichtet ist:

Reifegradstufe 1: Chaotische Prozesse, die stark von den ausführenden Personen abhängen. Ergebnisse sind unvorhersehbar, und die Ressourcen sind hauptsächlich mit der Problembehebung beschäftigt.

Reifegradstufe 2: Erste Ansätze eines Prozessmanagements, jedoch fehlen einheitliche Vorgaben für Organisation und Kontrolle der Prozesse. Es fehlt die Grundlage für systematische Verbesserungen und organisationales Wissen.

Reifegradstufe 3: Systematisches und aktives Prozessmanagement wird etabliert, und einheitliche Geschäftsprozesse werden für die gesamte Organisation eingeführt.

Reifegradstufe 4: Prozessleistung und -ergebnisse werden quantitativ gemessen, analysiert und überwacht. Abweichungen und Auffälligkeiten ermöglichen die Erkennung von Korrekturen und die Einleitung von Maßnahmen zur Verbesserung.

Reifegradstufe 5: Auf dieser Stufe verbessert und entwickelt die Organisation sowohl die Prozessleistung als auch das Prozessmanagementsystem kontinuierlich weiter.

Geringe Nutzung von Reifegradmodellen

In vielen Organisationen ist das Prozessmanagement dem Qualitätsmanagement untergeordnet und hat meist eine dokumentierende Funktion. Prozesse werden zur Erfüllung von Qualitätszertifikaten wie der ISO 9001 aufgenommen und beschrieben, jedoch selten aktiv überwacht, verbessert und weiterentwickelt.

Es ist auch gängige Praxis, dass zahlreiche Unternehmen immer noch unzureichende Prozessmanagementstrukturen und Ressourcen haben. Wenn Strukturen und Ressourcen vorhanden sind, werden sie oft im mittleren Management angesiedelt, wo die Möglichkeiten zur Gestaltung und Entwicklung bereichs- und unternehmensübergreifender Prozesse begrenzt sind.

Prozessreife ganzheitlich denken

Die Prozessreifebewertung ist ein umfassendes Steuerungsinstrument. Reifegradmodelle betrachten nicht nur einzelne Prozesse, sondern die Verbindung mehrerer Prozesse zu einem durchgehenden Geschäftsprozess. Die Prozessreife wird durch das schwächste Glied bestimmt.

Unternehmen sollten nicht nur interne Prozesse betrachten, sondern auch externe Prozessketten berücksichtigen. Just-in-Time, schlanke Lagerhaltung und globale Abhängigkeiten haben die Anfälligkeit von Prozessen erhöht. Eine zentrale Prozesssteuerung und -bewertung ist entscheidend, um die Leistung, das Ergebnis und das Risikomanagement der Prozesse zu verbessern.

Reifegradmodelle erleben eine Renaissance

Reifegradmodelle haben den Wunsch nach transparenter und messbarer digitaler Transformation erfüllt. Sie ermöglichen es, den aktuellen Stand der Entwicklung und Digitalisierung von Prozessen sichtbar zu machen. Der Trend geht immer mehr in Richtung digitaler Reifegradmodelle, die Prozesse als Schlüssel zur Digitalisierung betrachten. Die regelmäßige Bewertung der Prozessreife dient als wichtiges Instrument zur Steuerung und Kontrolle auf dem Weg zu hochreifen und digitalisierten Geschäftsprozessen.

Aktuelle Treiber der Prozessreife

Das Lieferkettengesetz, das am 1. Januar 2023 in Kraft trat, beeinflusst die Prozessreife europäischer Unternehmen direkt. Es verlangt von Organisationen, ihre Lieferketten auf Menschenrechtsverletzungen und Umweltverbrechen zu überwachen. Um dieser Verpflichtung nachzukommen, müssen Unternehmen ihre Prozesse zur Überwachung und Berichterstattung über den Zustand der Lieferketten umgestalten. Ein weiterer Treiber für die Prozessreife ist das wachsende Interesse von Finanzinstituten an der Integration von ESG-Kriterien (ökologische, soziale und unternehmenssteuernde Kriterien) in betriebliche Abläufe und Wertschöpfungsketten von Unternehmen. Rückversicherer und Banken knüpfen zunehmend Investitionen und Sicherheitsleistungen an die Erfüllung dieser Kriterien. Unternehmen werden somit verantwortlich für das Management und die Absicherung von Risiken entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette. Langfristig werden diese Entwicklungen dazu beitragen, die Prozessreife europäischer Unternehmen zu verbessern, um den Anforderungen des Gesetzgebers und der Finanzmärkte gerecht zu werden.

Reifegradmodelle unterstreichen die Notwendigkeit, Prozesse schrittweise zu digitalisieren

Eine aktuelle Studie zeigt, dass die Investitionsbereitschaft deutscher Unternehmen in Digitalisierungsvorhaben rückläufig ist. Unternehmen erkennen zunehmend, dass die Verbesserung der Prozessreife ein Veränderungsprozess ist, der die Akzeptanz der Mitarbeiter erfordert. Kleinere Pilotprojekte sind effektiver, um neues Arbeiten zu erproben und Akzeptanz für Veränderungen im Unternehmen zu schaffen. Gleichzeitig verringert sich das Risiko des Scheiterns von Verbesserungsmaßnahmen. Die herkömmliche Einführungsmethode für ERP-Systeme ist immer noch die Wasserfallmethode, die Struktur und Planungssicherheit bietet. Jedoch birgt dieser Ansatz auch Risiken, da die eigentlichen Benutzer erst spät mit dem System in Kontakt kommen und Schwachstellen möglicherweise erst spät erkannt und behoben werden. Dies kann zu Kostensteigerungen, Fehleinschätzungen und Zeitverzögerungen führen. Um diese Probleme zu vermeiden, setzen Unternehmen zunehmend auf agile Implementierungsverfahren.

Prozessreife als Digitalisierungstreiber

Studien belegen, dass Unternehmen mit hoher Prozessmanagementreife auch einen hohen Digitalisierungsreifegrad aufweisen. Faktoren wie kontinuierlicher Verbesserungsprozess, Managementeinbindung, prozessorientierte Werte und Anreize sowie Prozessverantwortliche sind entscheidend sowohl für das Prozessmanagement als auch für digitale Innovationen. Im Gegensatz dazu scheitern Unternehmen mit geringer Prozessorientierung und Prozessreife häufiger bei digitalen Innovationen.

ERP-Systeme spielen eine wichtige Rolle bei der Verbesserung der Prozessreife. Sie ermöglichen Unternehmen die Standardisierung, Automatisierung und Verbesserung von Prozessen. Gleichzeitig dienen sie als zentrale Datenquelle, um Prozesse in Echtzeit zu überwachen und zu optimieren. Dadurch können Schwachstellen identifiziert und behoben werden, was die Prozessreife fördert. Zudem schafft die zentrale Datenhaltung durch ERP-Systeme eine Ende-zu-Ende-Transparenz in der Lieferkette, was die Effizienz der Prozesse erhöht.

Unternehmen mit geringer Prozessreife sollten daher vor größeren Digitalisierungsvorhaben ihre Prozessorientierung stärken. Dazu gehören die Etablierung eines lebendigen Prozessmanagementsystems, die Verankerung im Topmanagement, die Einführung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses und die Entwicklung der Prozessfähigkeiten der Mitarbeiter.

Welches Vorgehen?

  1. Reifegradmodell auswählen: Für die dauerhafte Transparenz und Messbarkeit der Prozessreife ist die Auswahl eines passenden Reifegradmodells entscheidend. Dabei sollten folgende Fragen berücksichtigt werden: Ist die Transparenz der Prozessreife ein einmaliges Vorhaben oder wird dauerhaft ausreichend Ressourcen für das Prozessmanagement zur Verfügung stehen? Bei einmaligen Vorhaben oder begrenzten Ressourcen empfehlen sich einfache Self-Assessment-Modelle wie das PEMM-Modell von Prof. Hammer. Für dauerhaftes Reifegradmanagement und spezifische Industrieanforderungen bieten sich etablierte Modelle wie CMMI, Eden, SPICE, A-SPICE, ISO 9001 oder EFQM an.
  1. Erstmalige Reifegradermittlung: Die erstmalige Ermittlung des Reifegrades dient als Referenz für die interne Weiterentwicklung des Prozessmanagements und als Benchmark im Vergleich zu Industrie-Peers.
  1. Komplexität reduzieren: Angesichts eines volatilen Marktumfelds können agile Methoden im Prozessmanagement helfen, die Komplexität von Verbesserungsmaßnahmen zu reduzieren. Agiles Prozessmanagement ermöglicht eine flexible Anpassung an sich ändernde Anforderungen und fördert die Einbindung der Mitarbeitenden in den Veränderungsprozess. Dies steigert Akzeptanz und Motivation.
  1. Einfachste Hebel identifizieren: Bei der Implementierung von Prozessverbesserungen sollte darauf geachtet werden, schnell Erfolge zu erzielen, auch wenn dies nur in einzelnen Arbeitsschritten oder Teilabläufen geschieht. Dabei gilt es, das schwächste Glied zu berücksichtigen, jedoch auch die Stellen zu identifizieren, an denen Verbesserungen am leichtesten umgesetzt werden können.

Die Schlüssel zur optimalen Nutzung von Reifegradmodellen: Kontinuität und stetige Verbesserung

Um die Vorteile von Reifegradmodellen optimal nutzen zu können, ist eine kontinuierliche Anwendung und fortlaufende Prozessverbesserung erforderlich. Dies erfordert entsprechende Ressourcen und ein etabliertes Prozesskontrollsystem, das in der Lage ist, Prozesse zu überwachen und zu analysieren. Auf diese Weise können gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Prozessreife abgeleitet werden. Die kontinuierliche Anwendung und stetige Verbesserung sind besonders wichtig, um die Vorteile der Arbeit mit Reifegradmodellen voll auszuschöpfen. Es ist auch zu beachten, dass der Umfang der kontinuierlichen Prozessverbesserung von der Größe des Unternehmens abhängt. Ein etabliertes Prozesskontrollsystem ermöglicht eine effektive Überwachung und Analyse von Prozessen, um die Prozessreife kontinuierlich zu verbessern.

 

Verwendete Literatur:

Hierzer, R.: Prozessoptimierung 4.0 – Den digitalen Wandel als Chance nutzen, Haufe Verlag, 2. Auflage, München 2020, S. 77ff; 105f.

Harmon, P.: Process Maturity Models. In: Business Process Trends, Vol. 2, No. 5, www.bptrends.com, Mai 2009.

Schmelzer, H. & Sesselmann, W.: Geschäftsprozessmanagement in der Praxis, Hanser Verlag, 8. Auflage, München 2013, S. 361ff.

Dombrowski U., et al.: Prozessorganisation in deutschen Unternehmen. In: Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie 1/2015, Hogrefe Verlag, Stuttgart 2015, S. 63–69.

Roder P., et al.: ESG Market Study for the Risk Transfer Market, Synpulse Schweiz AG, Zürich 2020.

Berg A.: Digitalisierung der Wirtschaft, Bitkom Studie, Berlin 2022.

Allweyer, T.: Prozessmanagement für die digitale Transformation. Untersuchung aktueller Ansätze des Geschäftsprozessmanagements als Enabler für die digitale Unternehmenstransformation, Forschungsbericht, Hochschule Kaiserslautern 2020, S. 8ff.


im Vordergrund bewaldete Wiesen, im Hintergrund Berge mit verschneiten Gipfeln / Leistungspaket Culture Booster

Culture Booster

Grafik Culture Booster

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