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Prozessreife: Basis einer erfolgreichen Digitalisierung

Im folgenden Blogbeitrag findest du eine Zusammenfassung des Artikels "Prozessreife: Basis einer erfolgreichen Digitalisierung" von Rupert Hierzer. Der Fachbeitrag wurde in der Zeitschrift ERP Information 2/2023 veröffentlicht. Hier könnt ihr den vollständigen Originalbeitrag kostenlos lesen und hier könnt ihr euch ein kostenloses Probeabo bestellen.

Schlüssel zur Effektivität und Effizienz

Prozesse sind komplexe und dynamische Kooperationen entlang einer Wertschöpfungskette. Sie unterliegen ständigen Veränderungen durch Mitarbeiterwechsel, Software-Installationen und technologische Erneuerungen.

Reifegradmodelle bewerten die Effektivität, Effizienz und Erfüllung von Erwartungen und Anforderungen eines Prozesses. Ein höherer Reifegrad deutet auf einen ausgereifteren Prozess hin.

Die Beurteilung der Prozessreife umfasst auch eine Bewertung des Prozessmanagements, das für die Betreuung, Verbesserung und Weiterentwicklung der Prozesse zuständig ist. Wenn das Prozessmanagement schwach oder nicht vorhanden ist, wirkt sich dies negativ auf die Reife der Prozesse aus.

Reifegradmodelle

In den 1970er-Jahren entstanden die ersten Reifegradmodelle, und heute gibt es schätzungsweise mehr als 200 verschiedene Modelle. Das bekannteste davon ist das Capability Maturity Model Integration (CMMI) und seine Derivate, die ursprünglich für Softwareprozesse entwickelt wurden. Es existieren jedoch viele andere Prozessreifegradmodelle, die auf verschiedene Arten von Prozessen und Branchen anwendbar sind.

Reifegradmodelle arbeiten nach einem einheitlichen Prinzip und folgen in der Regel fünf Entwicklungsstufen, an denen die Beurteilung der Reife ausgerichtet ist:

Reifegradstufe 1: Chaotische Prozesse, die stark von den ausführenden Personen abhängen. Ergebnisse sind unvorhersehbar, und die Ressourcen sind hauptsächlich mit der Problembehebung beschäftigt.

Reifegradstufe 2: Erste Ansätze eines Prozessmanagements, jedoch fehlen einheitliche Vorgaben für Organisation und Kontrolle der Prozesse. Es fehlt die Grundlage für systematische Verbesserungen und organisationales Wissen.

Reifegradstufe 3: Systematisches und aktives Prozessmanagement wird etabliert, und einheitliche Geschäftsprozesse werden für die gesamte Organisation eingeführt.

Reifegradstufe 4: Prozessleistung und -ergebnisse werden quantitativ gemessen, analysiert und überwacht. Abweichungen und Auffälligkeiten ermöglichen die Erkennung von Korrekturen und die Einleitung von Maßnahmen zur Verbesserung.

Reifegradstufe 5: Auf dieser Stufe verbessert und entwickelt die Organisation sowohl die Prozessleistung als auch das Prozessmanagementsystem kontinuierlich weiter.

Geringe Nutzung von Reifegradmodellen

In vielen Organisationen ist das Prozessmanagement dem Qualitätsmanagement untergeordnet und hat meist eine dokumentierende Funktion. Prozesse werden zur Erfüllung von Qualitätszertifikaten wie der ISO 9001 aufgenommen und beschrieben, jedoch selten aktiv überwacht, verbessert und weiterentwickelt.

Es ist auch gängige Praxis, dass zahlreiche Unternehmen immer noch unzureichende Prozessmanagementstrukturen und Ressourcen haben. Wenn Strukturen und Ressourcen vorhanden sind, werden sie oft im mittleren Management angesiedelt, wo die Möglichkeiten zur Gestaltung und Entwicklung bereichs- und unternehmensübergreifender Prozesse begrenzt sind.

Prozessreife ganzheitlich denken

Die Prozessreifebewertung ist ein umfassendes Steuerungsinstrument. Reifegradmodelle betrachten nicht nur einzelne Prozesse, sondern die Verbindung mehrerer Prozesse zu einem durchgehenden Geschäftsprozess. Die Prozessreife wird durch das schwächste Glied bestimmt.

Unternehmen sollten nicht nur interne Prozesse betrachten, sondern auch externe Prozessketten berücksichtigen. Just-in-Time, schlanke Lagerhaltung und globale Abhängigkeiten haben die Anfälligkeit von Prozessen erhöht. Eine zentrale Prozesssteuerung und -bewertung ist entscheidend, um die Leistung, das Ergebnis und das Risikomanagement der Prozesse zu verbessern.

Reifegradmodelle erleben eine Renaissance

Reifegradmodelle haben den Wunsch nach transparenter und messbarer digitaler Transformation erfüllt. Sie ermöglichen es, den aktuellen Stand der Entwicklung und Digitalisierung von Prozessen sichtbar zu machen. Der Trend geht immer mehr in Richtung digitaler Reifegradmodelle, die Prozesse als Schlüssel zur Digitalisierung betrachten. Die regelmäßige Bewertung der Prozessreife dient als wichtiges Instrument zur Steuerung und Kontrolle auf dem Weg zu hochreifen und digitalisierten Geschäftsprozessen.

Aktuelle Treiber der Prozessreife

Das Lieferkettengesetz, das am 1. Januar 2023 in Kraft trat, beeinflusst die Prozessreife europäischer Unternehmen direkt. Es verlangt von Organisationen, ihre Lieferketten auf Menschenrechtsverletzungen und Umweltverbrechen zu überwachen. Um dieser Verpflichtung nachzukommen, müssen Unternehmen ihre Prozesse zur Überwachung und Berichterstattung über den Zustand der Lieferketten umgestalten. Ein weiterer Treiber für die Prozessreife ist das wachsende Interesse von Finanzinstituten an der Integration von ESG-Kriterien (ökologische, soziale und unternehmenssteuernde Kriterien) in betriebliche Abläufe und Wertschöpfungsketten von Unternehmen. Rückversicherer und Banken knüpfen zunehmend Investitionen und Sicherheitsleistungen an die Erfüllung dieser Kriterien. Unternehmen werden somit verantwortlich für das Management und die Absicherung von Risiken entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette. Langfristig werden diese Entwicklungen dazu beitragen, die Prozessreife europäischer Unternehmen zu verbessern, um den Anforderungen des Gesetzgebers und der Finanzmärkte gerecht zu werden.

Reifegradmodelle unterstreichen die Notwendigkeit, Prozesse schrittweise zu digitalisieren

Eine aktuelle Studie zeigt, dass die Investitionsbereitschaft deutscher Unternehmen in Digitalisierungsvorhaben rückläufig ist. Unternehmen erkennen zunehmend, dass die Verbesserung der Prozessreife ein Veränderungsprozess ist, der die Akzeptanz der Mitarbeiter erfordert. Kleinere Pilotprojekte sind effektiver, um neues Arbeiten zu erproben und Akzeptanz für Veränderungen im Unternehmen zu schaffen. Gleichzeitig verringert sich das Risiko des Scheiterns von Verbesserungsmaßnahmen. Die herkömmliche Einführungsmethode für ERP-Systeme ist immer noch die Wasserfallmethode, die Struktur und Planungssicherheit bietet. Jedoch birgt dieser Ansatz auch Risiken, da die eigentlichen Benutzer erst spät mit dem System in Kontakt kommen und Schwachstellen möglicherweise erst spät erkannt und behoben werden. Dies kann zu Kostensteigerungen, Fehleinschätzungen und Zeitverzögerungen führen. Um diese Probleme zu vermeiden, setzen Unternehmen zunehmend auf agile Implementierungsverfahren.

Prozessreife als Digitalisierungstreiber

Studien belegen, dass Unternehmen mit hoher Prozessmanagementreife auch einen hohen Digitalisierungsreifegrad aufweisen. Faktoren wie kontinuierlicher Verbesserungsprozess, Managementeinbindung, prozessorientierte Werte und Anreize sowie Prozessverantwortliche sind entscheidend sowohl für das Prozessmanagement als auch für digitale Innovationen. Im Gegensatz dazu scheitern Unternehmen mit geringer Prozessorientierung und Prozessreife häufiger bei digitalen Innovationen.

ERP-Systeme spielen eine wichtige Rolle bei der Verbesserung der Prozessreife. Sie ermöglichen Unternehmen die Standardisierung, Automatisierung und Verbesserung von Prozessen. Gleichzeitig dienen sie als zentrale Datenquelle, um Prozesse in Echtzeit zu überwachen und zu optimieren. Dadurch können Schwachstellen identifiziert und behoben werden, was die Prozessreife fördert. Zudem schafft die zentrale Datenhaltung durch ERP-Systeme eine Ende-zu-Ende-Transparenz in der Lieferkette, was die Effizienz der Prozesse erhöht.

Unternehmen mit geringer Prozessreife sollten daher vor größeren Digitalisierungsvorhaben ihre Prozessorientierung stärken. Dazu gehören die Etablierung eines lebendigen Prozessmanagementsystems, die Verankerung im Topmanagement, die Einführung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses und die Entwicklung der Prozessfähigkeiten der Mitarbeiter.

Welches Vorgehen?

  1. Reifegradmodell auswählen: Für die dauerhafte Transparenz und Messbarkeit der Prozessreife ist die Auswahl eines passenden Reifegradmodells entscheidend. Dabei sollten folgende Fragen berücksichtigt werden: Ist die Transparenz der Prozessreife ein einmaliges Vorhaben oder wird dauerhaft ausreichend Ressourcen für das Prozessmanagement zur Verfügung stehen? Bei einmaligen Vorhaben oder begrenzten Ressourcen empfehlen sich einfache Self-Assessment-Modelle wie das PEMM-Modell von Prof. Hammer. Für dauerhaftes Reifegradmanagement und spezifische Industrieanforderungen bieten sich etablierte Modelle wie CMMI, Eden, SPICE, A-SPICE, ISO 9001 oder EFQM an.
  1. Erstmalige Reifegradermittlung: Die erstmalige Ermittlung des Reifegrades dient als Referenz für die interne Weiterentwicklung des Prozessmanagements und als Benchmark im Vergleich zu Industrie-Peers.
  1. Komplexität reduzieren: Angesichts eines volatilen Marktumfelds können agile Methoden im Prozessmanagement helfen, die Komplexität von Verbesserungsmaßnahmen zu reduzieren. Agiles Prozessmanagement ermöglicht eine flexible Anpassung an sich ändernde Anforderungen und fördert die Einbindung der Mitarbeitenden in den Veränderungsprozess. Dies steigert Akzeptanz und Motivation.
  1. Einfachste Hebel identifizieren: Bei der Implementierung von Prozessverbesserungen sollte darauf geachtet werden, schnell Erfolge zu erzielen, auch wenn dies nur in einzelnen Arbeitsschritten oder Teilabläufen geschieht. Dabei gilt es, das schwächste Glied zu berücksichtigen, jedoch auch die Stellen zu identifizieren, an denen Verbesserungen am leichtesten umgesetzt werden können.

Die Schlüssel zur optimalen Nutzung von Reifegradmodellen: Kontinuität und stetige Verbesserung

Um die Vorteile von Reifegradmodellen optimal nutzen zu können, ist eine kontinuierliche Anwendung und fortlaufende Prozessverbesserung erforderlich. Dies erfordert entsprechende Ressourcen und ein etabliertes Prozesskontrollsystem, das in der Lage ist, Prozesse zu überwachen und zu analysieren. Auf diese Weise können gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Prozessreife abgeleitet werden. Die kontinuierliche Anwendung und stetige Verbesserung sind besonders wichtig, um die Vorteile der Arbeit mit Reifegradmodellen voll auszuschöpfen. Es ist auch zu beachten, dass der Umfang der kontinuierlichen Prozessverbesserung von der Größe des Unternehmens abhängt. Ein etabliertes Prozesskontrollsystem ermöglicht eine effektive Überwachung und Analyse von Prozessen, um die Prozessreife kontinuierlich zu verbessern.

 

Verwendete Literatur:

Hierzer, R.: Prozessoptimierung 4.0 – Den digitalen Wandel als Chance nutzen, Haufe Verlag, 2. Auflage, München 2020, S. 77ff; 105f.

Harmon, P.: Process Maturity Models. In: Business Process Trends, Vol. 2, No. 5, www.bptrends.com, Mai 2009.

Schmelzer, H. & Sesselmann, W.: Geschäftsprozessmanagement in der Praxis, Hanser Verlag, 8. Auflage, München 2013, S. 361ff.

Dombrowski U., et al.: Prozessorganisation in deutschen Unternehmen. In: Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie 1/2015, Hogrefe Verlag, Stuttgart 2015, S. 63–69.

Roder P., et al.: ESG Market Study for the Risk Transfer Market, Synpulse Schweiz AG, Zürich 2020.

Berg A.: Digitalisierung der Wirtschaft, Bitkom Studie, Berlin 2022.

Allweyer, T.: Prozessmanagement für die digitale Transformation. Untersuchung aktueller Ansätze des Geschäftsprozessmanagements als Enabler für die digitale Unternehmenstransformation, Forschungsbericht, Hochschule Kaiserslautern 2020, S. 8ff.


zwei Männer stehen auf einem Berg und blicken in die Ferne / 3 Gründe, warum in New Work die Zukunft liegt

3 Gründe warum im NEW WORK die Zukunft liegt

Aktuell kommt man nicht umhin, über Beiträge, Posts und Podcast-Folgen zum Thema New Work - Neues Arbeiten zu stolpern. Es scheint gerade so, als ob die Beraterwelt ein neues Lieblingsthema gefunden hat und nun die "nächste Sau durchs Dorf treibt".

Warum allerdings New Work nicht nur eine kurzweilige Erscheinung ist, erfährst du hier:

Grund 1: Das Zeitalter des Wissens

Der Mensch hat sich seit Anbeginn seiner Existenz in (aktuell) 5 Zeitaltern entwickelt und zivilisiert.

Das erste Zeitalter war das der Jäger und Sammler, in der der Mensch für die Familie Nahrung durch jagen und sammeln beschafft hat. Es folgte das Zeitalter der Landwirtschaft, in der die Erde bearbeitet und Ernte eingefahren wurde, um so die Familie zu ernähren. Darauf folgte das Zeitalter der Industrie. Rohstoffe wurden über ein Fließband zu Endprodukten gefertigt. Delegation und Skalierbarkeit waren neu und die Produktivität stieg um das 50fache. 90% der Familien wechselten von der Landwirtschaft in die Industrie. Auf einmal ging es um "Dinge" - Maschinen, Rohstoffe etc.

Mitarbeitende waren austauschbar (da zu diesem Zeitpunkt unendlich verfügbar). Menschen wurden zu Kostenfaktoren (Ressourcen) und Maschinen zur Investition (Wertschöpfung). Der Menschen wurde zum Ding herabgesetzt.

Jetzt befinden wir uns im Zeitalter der Information & Wissensarbeit. Gute Wissensarbeit ist wertvoll und ermöglicht dem Unternehmen eine Optimierung der Wertschöpfung. Wissensarbeitende liefern einen Fokus, Kreativität

und einen Hebel für Produktivität bis ins zigfache. Wissen und Kreativität sind unendlich und führen zu exponentiellem Wachstum und Erfolg.

Wir leben zwar im Zeitalter der Wissensarbeitenden, setzen aber immer noch auf das Kontrollmodell aus dem Industriezeitalter, dass die Kreativität und die Potentiale der Menschen unterdrückt. Das Resultat sind Entfremdung vom Job, kein Vertrauen in die Führung, gewerkschaftlich organisierte und prozesssüchtige Organisationen.

Das Prinzip des New Work bietet hier die Werkzeuge, Modelle und Führungsparadigmen, um im Zeitalter der Wissensarbeit auf die Bedürfnisse der Menschen und die veränderten Rahmenbedingungen einzugehen und erfolgsorientiert zu unterstützen.

Grund 2: Die fünfte Stufe

Lassen wir die Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine mal außen vor,  so hat es das Universum (oder wer auch immer), die letzten Jahrzehnte mit der Menschheit insgesamt ganz gut gemeint. Sicherlich gab es und gibt es auf der Welt immer wieder kleinere und mittlere Brandherde, aber verglichen mit den ersten 40 Jahren des 20. Jahrhunderts, in denen zwei Weltkriege die Menschen stark gebeutelt hatten, leben wir doch heute insgesamt sehr friedlich.

Ein zufriedenstellender Wohlstand, umfassende Bildung und grundlegende Sicherheit ist erreicht und blickt man auf die Bedürfnispyramide nach Abraham Maslow, so sind die ersten vier Stufen zumindest in Westeuropa nahezu erfüllt. Die Generationen Z und Alpha (geboren zwischen 1996 und 2020) überspringen also die ersten drei Stufen ohne Anstrengung und werden direkt in die vorletzte Ebene der Pyramide hineingeboren. Durch eine bereits real-existierende Individual-Gesellschaft in unserer westlichen Welt, erleben die Kinder und Jugendlichen die Erfüllung der vierten Stufe bereits in den ersten Lebensjahren - mit Selbstverständnis.

What´s next? Was also nun?

Die Selbstverwirklichung als oberste Stufe der Bedürfnispyramide ist also das nächste logische Ziel. Auf dieser Stufe stellt sich der Mensch die Frage nach seinem Platz im Leben und den Sinn des irdischen Daseins. Durch den bereits im Überfluss lebenden Menschen ist das Reduzieren des Lebensstandards unter Umständen eine attraktive Alternative, wenn dadurch die Selbstverwirklichung erreicht werden kann. Quid-pro-quo.

Was bedeutet das nun im Arbeitsalltag? Die Post-Millenials und Alphas treten in das Berufsleben ein und sind über extrinsische Faktoren wie Gehaltsbänder, Bonusvereinbarungen und Firmenwägen nicht mehr zu begeistern und motiviert sowieso nicht. Fridays for Future, Greta Thunberg, PETA etc. haben den Jugendlichen gezeigt, dass es um mehr geht, als das Häuschen am Stadtrand, den SUV in der Garage und zweimal im Jahr den Urlaub per Flugzeug zu bestreiten. Soziale Verantwortung, Black Lifes Matters und der Klimaschutz sind Begriffe, die diese Generationen mit der Muttermilch aufgenommen haben. Und sie stellen Forderungen. Forderungen an ihre Arbeitgeber, bei denen sie gerne in Teilzeit und höchst flexibel ihr Wissen und ihre Lebenszeit einbringen, aber bitte auch einen höheren Sinn im ihrem Tun erleben wollen.

Das alte Führungsverständnis von Command & Control stößt hier nun auf Widerstand und was man dieser Generation entlocken kann, ist maximal ein freundliches, aber bestimmtes "Nein, danke", am Ende der ersten Bewerberrunde. Das Dilemma wird für Unternehmen noch größer, denn die Auslese wird immer geringer, je weiter die Jahre voranschreiten und der Drang nach einer Talente-Dichte immer höher wird.

Agile, flexible Organisationsmodelle bieten nun die Möglichkeiten der Selbstbestimmtheit, der Eigenverantwortung, die diese Generation nicht nur fordert, sondern als Selbstverständnis ansieht. Wenn dazu das Unternehmen es noch schafft, eine Corporate Responsibility nicht nur in einer Unternehmensbroschüre zu deklarieren, sondern wirklich zu leben, dann steigt der Firmen-Attraktivitätsindex und somit der Pool der BewerberInnen erheblich an.

Grund 3: Der Spaß-Faktor bei New Work

Mal ehrlich: Bist du es nicht leid, in einer Matrix- oder Linienorganisation tagtäglich die Grabenkämpfe um alte Fürstentümer auszufechten? Prozesse, die so langsam sind, dass die Anfrage die du vor vier Wochen gestellt hast, im Grunde genommen bei der Beantwortung schon wieder hinfällig ist?

Sicherlich, AKVs geben Klarheit über deine Position, aber funktionierst du nach diesem Prinzip? Wer kann schon von sich behaupten, dass seit der eigenen Ausbildung oder dem Studium sich keine neuen Talente, Fähigkeiten und Interessen entwickelt haben und dass das, was auf der Visitenkarte steht, zwar der Stellenbeschreibung entspricht, aber oftmals wenig mit den eigenen Neigungen und Potentialen zu tun hat.

Wäre es nicht vorstellbar, Aufgaben im Unternehmen zu übernehmen, die zwar auf den ersten Blick nicht direkt miteinander zusammenhängen, aber deinem Profil entsprechen und dich in deiner Kreativität, Motivation und Selbstbestimmtheit befeuern. Und so letztendlich dem Unternehmen zu Gute kommen?

Das ist auch New Work. Eine Organisationsform zu definieren, die die Potentiale jedes Mitarbeitenden voll ausschöpft und die Hierarchien abbaut und so die Entscheidungsbefugnis dem zukommen lässt, der letztendlich die Information hat: dem Mitarbeitenden.

Natürlich gibt es immer zwei Seiten der Medaille und dieses leidenschaftliche Plädoyer für New Work wäre nur sehr einseitig zu betrachten, wenn man nicht auch die Schattenseite unter die Lupe nehmen würde.

Wenn man sich als Organisation entscheidet, es mit New Work zu versuchen, muss einem gewiss sein, dass es in erster Linie ein holpriger Weg wird. Das es Rückschläge zu verzeichnen gibt und dass das System mit der Nase auf die ursächlichen Probleme hingewiesen wird. Ohne eine Höchstmaß an Vertrauen, offener und ehrlicher Kommunikation und einer reifen Feedback-Kultur ist die Transformation fast nicht zu schaffen.

Hervorzuheben ist jedoch, dass wenn es gelingt, diesen Weg des Neuen Arbeitens erfolgreich einzuschlagen, es die Mitarbeitenden einem danken werden und zwar mit Loyalität, Kreativität und Verantwortungsübernahme.

Und dafür sollte es sich doch lohnen. Oder?


Vanessa hat dich neugierig gemacht? Lies hier ihren neuesten Artikel: Nachhaltigere Führung durch Selbstmanagement (gemsensprung.de)


helle, moderne Bibliothek, mehrere Stockwerke, viele Bücher / Die Globale Datenmenge explodiert: Blüht uns der Dateninfarkt?

Die globale Datenmenge explodiert: Blüht uns der Dateninfarkt?

Als ich mich das letzte Mal 2017 mit dem weltweit steil ansteigenden Speicherbedarf beschäftigte, wurden für das Jahr 2020 ehrfurchtsgebietende 44 Zetabyte prognostiziert. Heute, fünf Jahre später hat die Realität diese Fabelzahl dramatisch in den Schatten gestellt. Nicht nur wurde dieses Speichervolumen bereits ein Jahr vorher erreicht, sondern fiel im Referenzjahr 2020 auch noch um ein Drittel höher aus als es sich der optimistischste Speicherhersteller hätte träumen lassen. Ganze 64 Zettabytes an Daten wurden 2020 erzeugt, verarbeitet, verteilt und konsumiert.

Die Pandemie fungiert als Brandbeschleuniger

Corona hat uns ins Home-Office verbannt und damit dafür gesorgt, dass in einer noch nie dagewesenen Weise gestreamt, gechattet und video-conferenced wurde.

Experten schätzen, dass sich das Datenvolumen bis 2025 auf über 180 Zettabytes verdreifachen wird. Nur um diese Entwicklung greifbarer zu machen: 2010 wurden im digitalen Universum insgesamt 1,2 Zettabytes an Daten produziert. Bis 2025 soll nun das jährliche Datenvolumen auf über 180 Zettabytes [1] anwachsen. Noch plastischer ausgedrückt: Würde man diese Datenmenge auf iPads (iPad Air mit 128 GB Speicherkapazität und 0,8 cm Bauhöhe) speichern und stapeln, würde der Stapel 2025 knapp dreißigmal der Entfernung Erde-Mond entsprechen. Damit hat sich das gesamte Datenvolumen des digitalen Universums innerhalb einer Generation um das 150-fache vergrößert. Eine unvorstellbare Entwicklung. Es steht zu befürchten, dass der weltweite Datenhunger diese Entwicklung noch zusehends beschleunigen wird.

Für Menschen sind diese Datenmengen bereits heute nicht mehr beherrschbar

Hinter diesen Speichermengen steht eine schwindelerregende Anzahl von Dokumenten, E-Mails, Informationen und Daten, die im Administrationsalltag von Unternehmen und ihren Mitarbeitern verarbeitet werden müssen.

Bereits heute verbringen Mitarbeiter bis zu einem Tag pro Woche allein mit dem Suchen von Informationen (Daten, Dokumente). Dieses Bild hat sich seit 2010 kaum verändert. Technologische Verbesserungen im Büroalltag wurden immer wieder durch das rasante Datenwachstum egalisiert.

In einer kürzlich veröffentlichten US-Studie bestätigt jeder zweite Büromitarbeiter bereits jetzt mehr Zeit für das Suchen von Dokumenten und Dateien aufwenden zu müssen als für die Bearbeitung von E-Mails und Nachrichten.

Der damit einhergehende Produktivitätsverlust und die weiterhin rasant ansteigende Daten- und Dokumenten-indizierte Verarbeitungskomplexität rücken Verwaltungsprozesse immer häufiger in den Mittelpunkt von Optimierungsprojekten.

Es blüht der Dateninfarkt

Unglaublich, aber wahr. Viele Unternehmen verarbeiten einen Großteil ihrer Daten immer noch manuell. Eine Studie des McKinsey Institutes hält 50% der Prozessverarbeitungen in Unternehmen für automatisierbar, eine Kofax-Studie geht hier sogar noch weiter: Drei Viertel der Befragten halten 60% der Daten-Verarbeitungsschritte für automatisierbar, ein Fünftel geht sogar von 80% aus.

Viele Bestandsprozesse sehen sich einer stetig wachsenden Bearbeitungskomplexität ausgesetzt: Kleinere Losgrößen, eine Zunahme von Einzelkomponenten in Produkten, eine steigende Anzahl von internen und externen Datenquellen und Kommunikationskanälen, um nur einige der Komplexitätstreiber zu nennen.

Darunter leiden Bearbeitungs- und Durchlaufzeiten. Der echte Wertschöpfungsanteil an der aufgewendeten Arbeitszeit sinkt zunehmend, die Fehlerrate in der Bearbeitung steigt. Für Firmen eine Worst-Case Entwicklung.

Unternehmen sind unvorbereitet

Unternehmen sind sich dieser Probleme sehr wohl bewusst. Umso erstaunlicher, dass viele Organisationen zögern ihre Prozesse zu automatisieren oder dort den großen Hammer verwenden wo eine Pinzette reichen würde. Großprojekte wie SAP-Hanna, SalesForce oder e-Commerce Einführungen lösen die aktuellen Prozessprobleme nicht sondern verschärfen sie zunächst nur. Die Einbindung der Bestandprozesse, in solche langjährigen Großprojekte, vor dem Kontext der Unternehmensrealität führt oftmals zu unzähligen Workarounds und Zusatzaufgaben die weitere manuellen Verarbeitungsschritte nach sich ziehen.

Fazit

Bevor Unternehmen zum Hammer greifen, sollten im Vorfeld Prozesse analysiert und optimiert werden. In vielen Fällen lassen sich mit dem Einsatz einfacher Innovationen große Erfolge erzielen. Beispielsweise lassen sich mittels Robotic Process Automation (RPA) bereits viele manuelle Arbeitsschritte automatisieren. Arbeitsaufwände, Durchlaufzeiten und Fehlerquoten können dadurch teilweise dramatisch reduziert werden. In nächster Zeit wird auch IPA (Intelligent Process Automation), d.h. der Einsatz KI-gestützter Prozessautomatisierung eine immer größere Rolle spielen. IPA-Architekturen kommen u.a. immer häufiger in der Verarbeitung, Verwaltung und Strukturierung von Informationen und Daten zur Anwendung.

Erst wenn ein großer Teil der Prozesse automatisiert abläuft, entsprechend schnelle Durchlaufzeiten und geringe Fehlerquoten vorweisen kann, sollten Unternehmen darüber nachdenken den großen Hammer zu schwingen.

 


[1] Zum besseren Verständnis: 189 Zettabytes entsprechen 180 Billionen Gigabytes oder ausgeschrieben die Zahl 180 mit 21 Nullen, also 180.000.000.000.000.000.000.000 Bytes.

[2] https://der-prozessmanager.de/aktuell/publikationen/abbyy-studie-mitarbeiter-verlieren-bis-zu-einem-tag-pro-woche-zeit-mit-der-suche-nach-dokumenten, abgerufen am 20.02.2022 um 17:50 Uhr

[3] https://www.techrepublic.com/article/more-than-50-of-office-pros-spend-more-time-searching-for-files-than-on-work/, abgerufen am 20.02.2022 um 17:45 Uhr

[4] https://www.kofax.de/learn/blog/manual-processes-fully-optimized-you-are-primed-for-automation, abgerufen am 22.02.2022 um 17:59 Uhr


 

Rupert hat dich neugierig gemacht? Lies hier einen weiteren Blog-Artikel von ihm: Mitarbeiter verschwenden bis zu einem Tag pro Woche mit Informationssuche - Gemsensprung GmbH


fünf Personen wandern einen verschneiten Berg hinauf / Pistentouren - Die sanfte Revolution

Pistentouren – Die sanfte Revolution

Und wieder ein Corona-Winter. Der Zweite. Wer hätte noch vor einem Jahr geglaubt, dass wir anfangen werden, die Corona-Jahreszeiten zu nummerieren.

Einreisebeschränkungen, Quarantäne bei Einreise und/oder Wiedereinreise, Lockdowns, geschlossene Skigebiete, 2G, 3G plus und viele weitere Corona-Maßnahmen der Politik treffen den Wintertourismus hart.

Kein Wunder also, dass Wintersportler seit Beginn der Pandemie immer wieder nach Auswegen suchen. Einen Ausweg bietet das Skitouren-Gehen. Wurde der erste Corona-Winter 2020/21 bereits von einem starken Skitouren-Boom geprägt, so vollzieht sich in seinem Schatten ein weiterer Wandel. Das Aufkommen des Pistentourings.

Der Einstieg ins Skitouring

Die Vorteile für Wintersportler liegen auf der Hand[1]: Pistentouren stellen einen niedrigschwelligen Einstieg dar, frei von den damit verbundenen Hürden wie alpiner Erfahrung, Tiefschneetauglichkeit und Lawinenkunde.

Pistentouren sind für viele eingefleischte Tourengeher schon lange zum Fitnessstudio-Ersatz geworden: eine schnelle, effektive Trainingseinheit für die großen Tourenziele im freien Gelände. Dazu gesellen sich seit einigen Jahren immer mehr Sportler, die im Pistentourengehen eine ganz eigene Disziplin für sich entdeckt haben.

Touren im freien, alpinen Gelände? Müssen nicht sein, die neue Touren-Community ist vollauf zufrieden mit ihrem Sport am Pistenrand. Corona und die daraus resultierende Lockdown-Situation mit den geschlossenen Liftanlagen wirken hier wie ein Katalysator.

Pistentourer, die Rebellen der Piste

Für Wintersportler ist das schon fast ein gewohntes Bild: Hier Tourengeher, die sich auf und neben der Piste langsam den Hang hochquälen. Dort Skifahrer die Tourengehern oft erst auch in letzter Sekunde ausweichen. Zwei Welten prallen aufeinander. Im Sog des Skitourings entwickelt sich die Zahl der Pistentouren-Geher explosionsartig. Dieser Trend stellt viele Skigebietsbetreiber vor große Herausforderungen: Wie soll mit der steigenden Zahl der Pistentourer umgegangen werden? Will man die Tourengeher komplett von den Pisten verbannen oder stellen sie eine willkommene Ergänzung für Tourismus und Gastronomie dar?

Verantwortliche wie Matthias Stauch[2], Präsident des Verbands Deutscher Seilbahnen und Schlepplifte e.V. und Vorstand Bayerische Zugspitzbahn Bergbahn AG Garmisch-Partenkirchen, sehen darin eine dauerhafte Veränderung des Wintersportbetriebes, auf die Tourismusbranche und Liftbetreiber eine Antwort finden müssen: „Die Situation an sich ist nicht neu. Der Trend zum Tourengehen bzw. Pistentourengehen entwickelt sich seit Jahren, und auch Aktivitäten wie Schneeschuhwandern und Rodeln gewinnen an Bedeutung.“

Auf zahlreiche Fragen gibt es derzeit noch zu wenige befriedigende Antworten auf die drängendsten Fragen: Wie können Skifahrer und Tourengeher sicher und friedlich dieselben Pisten nutzen? In welchem Maße sind Pistentourer auch bereit die Pistenpflege mitzutragen? Welche Angebote sind darüber hinaus möglicherweise für Tourengeher noch von Interesse?

In einigen Skigebieten finden sich mittlerweile schon eigene gewalzte Aufstiegsspuren für Tourengeher, die räumlich von der Piste getrennt sind. Andere Betreiber verbieten nach wie vor Pistentouring auf ihren Anlagen.

Solange es auf diese Fragen keine endgültigen, zufriedenstellenden Antworten gibt, werden Tourengeher die sanften Rebellen auf den Alpinpisten bleiben.

Neue Chancen für den Wintertourismus

Schafft es die Branche aus den Erfahrungen der beiden Corona-Winter zu lernen, lassen sich mit neuen Geschäftsmodellen neue Gästepotentiale erschließen. Die Möglichkeiten sind mannigfaltig: Von der Inkludierung des Tourengehens im Saisonpass bis hin zu ausgewiesenen und gekennzeichneten Aufstiegsrouten.

Experten fordern daher schon seit einiger Zeit die Emanzipation von einseitigen Alpinski-Konzepten.

Hybride Modelle welche die sanfteren Seiten des Wintersport-Tourismus wie Tourengehen, Langlaufen oder Schneeschuh-Wandern einschließen, werden nicht nur neue Gästepotentiale erschließen, sondern auch die Attraktivität der Wintersportgebiete deutlich steigern und das Gesicht des Wintersports nachhaltig verändern.

 

[1], [2] https://www.ispo.com/maerkte/corona-winter-2021-die-sanfte-rebellion-des-pistentourings, abgerufen am 06.01.2022 um 17:59 Uhr


vier Personen wandern einer Schneespur hinterher / Skitouren - Ein Mittel gegen den Corona Frust

Skitouren - ein Mittel gegen den Corona-Frust

Keine Frage. Corona hat den Wintertourismus und die Skiindustrie schwer getroffen. Vorzeitige Schließungen der Wintersportgebiete und eine erschwerte Zukunftsplanung haben für einen signifikanten Orderrückgang bei den Ski-Herstellern gesorgt:

„Im Vergleich zum Vorjahr haben wir in diesem Jahr einen circa 20 bis 25 Prozent niedrigeren Orderstand“,

berichtet Wolfgang Mayrhofer[1], Sprecher der österreichischen Skiindustrie.

Skitouren im Trend

Allerdings ist dieser Trend nicht bei allen Produkten gleich ausgeprägt. Gerade im Tourenski-Segment, das bereits in den Vorjahren jährliche Wachstumsraten von 20% und mehr aufwies, bahnt sich eine gegenläufige Entwicklung an. Es steht zu erwarten, dass die mittlerweile rund 600.000 Skitourengeher in Deutschland (500.000 sind es in Österreich) weiteren Zuwachs bekommen werden. Der Grund liegt auf der Hand. Das reduzierte Angebot bei Fernreisen und die hohe Planungsunsicherheit lässt viele Touristen umdenken. Hinzu kommt, dass viele Skigebiete noch nicht wissen mit welchen Auflagen sie in die Wintersaison starten. Kleinere Skigebiete kommen da schon ins Grübeln, ob unter diesen Umständen ein „normaler“ Betrieb wirtschaftlich überhaupt möglich ist.

Menschen streben wieder nach Beständigkeit und Selbstbestimmtheit

Dies führt zu einem Umdenken. Der Sommer hat bereits gezeigt, dass der Urlaub in den Bergen boomt und dieser Trend auch im Winter anhalten könnte. Statt Unsicherheit und regional unterschiedlicher Corona-Auflagen streben viele Menschen gerade nach einem Stückchen Beständigkeit und Selbstbestimmtheit. Der Zug hinaus in die Natur, auf eigene Faust unterwegs zu sein war bereits im Frühjahr und Sommer zu beobachten. Der Sportmarkt für Fahrräder und Laufartikel ging praktisch durch die Decke.

So ist auch dieses Jahr mit vielen Skitouren-Neueinsteigern zu rechnen. Zusehends werden Skitouren auch für Familien interessant wie die Absatzzahlen bei Kinderskiern belegen. Gerade auch kleinen Skigebieten bietet diese Entwicklung Chancen. In Gebieten, wo sich der Betrieb von Liftanlagen aufgrund begrenzter Pistenkilometer und Höhenlage schon länger nicht mehr rechnet könnte hier ein Gegenentwurf sanfteren Bergtourismus entstehen. So herrscht beispielswiese am Grünten im Allgäu ein regelrechter Ansturm von Skitourengehern seit dort die Lifte außer Betrieb genommen wurden. Andere Skigebiete bieten auf ihren Hütten nächtliche Tourenabende, um Toureneinsteiger abends zum ungefährlichen Aufstieg entlang der Piste zu locken.

Es lockt ein neues Naturverständnis

In dieser Entwicklung liegt eine Chance ein Stück Nähe zur Natur zurückzugewinnen. Abseits von dieselbetriebenen Aufstiegshilfen und lärmendem Massentourismus gelingt es einigen von uns vielleicht eine neue Balance mit unserer Umwelt wiederzufinden. Gerade da eröffnet die Pandemie, trotz allem Schreck und aller Widrigkeiten, auch eine Möglichkeit Alltagsängste und Stress, angesichts einer mit anderen Augen wahrgenommenen Natur, abzubauen und zu heilen.

[1] https://www.fr.de/wirtschaft/wintersport-mit-ski-und-schneeschuh-gegen-den-corona-frust-90024934.html


im Fokus Kletterschuhe / Zerstört Olympia den Grundgedanken des Kletterns?

Zerstört Olympia den Grundgedanken des Kletterns?

Schlussendlich haben es Athleten und Funktionäre endlich geschafft. Klettern wird in die erlesene olympische Sportfamilie aufgenommen. Allerdings in Form eines kombinierten olympischen Formats bestehend aus den bekannteren Kletterformaten Bouldern und Lead-Klettern sowie eben der recht unbekannten, aber spektakuläreren Disziplin des Speedkletterns.

Speedklettern ist Klettern auf Testosteron

Was also ist Speedklettern und worum geht es dabei? Der Name ist Programm. Die Athleten müssen in kürzestmöglicher Zeit eine standardisierte Kletterwand von 10, 12 oder 15 Meter Höhe erklettern. Am Ende der Route ist ein Buzzer angebracht, den der Athlet bei Erreichen betätigen muss. Erst dann wird die Zeit gestoppt. Beim Start steht der Athlet auf einer Platte, die registriert ob ein Kontakt mit dem Athleten besteht oder nicht. Sobald der Kletterer die Füße an der Wand hat, und damit weg von der Bodenplatte, beginnt die Zeitmessung. Um das Format auch für Zuseher interessanter zu machen treten jeweils zwei Kletterer im KO-Modus gegeneinander an. Wer den Buzzer zuerst drückt hat gewonnen und ist eine Runde weiter. Dieser Modus zieht sich bis ins Finale. Um Fairness zu garantieren sind die Griffe und Routen überall auf der Welt exakt die Gleichen. Der Schwierigkeitsgrad der Route liegt nach UIAA-Skala bei einer 6+.

Anders als beim herkömmlichen Klettern, wo jedes Körperteil beim Pressen, Stemmen und Klemmen zum Einsatz kommen kann, darf beim Speedklettern die Wand nur mit Händen und Füßen berührt werden. Das macht neben höchster Präzision beim Treten und Greifen ein außerordentliches Maß an Maximal- und Schnellkraft erforderlich. Der Schwierigkeitsgrad der Route spielt dabei kaum eine Rolle, da die Herausforderung nicht in der Überwindung von Hindernissen sondern in der reinen Aufstiegsgeschwindigkeit liegt.

Spiegelt Speedklettern überhaupt noch die Grundidee des Kletterns wider?

Dieser fundamentale Unterschied zum herkömmlichen Klettern hat im Athletenlager, trotz aller Begeisterung für die Aufnahme ins olympische Programm, für Verstimmung gesorgt. Kritiker vergleichen das Format mit einem Langstreckenläufer, der gezwungen ist, auch die 100m Sprintstrecke zu laufen. Um mit Erfolgsaussichten bei der Olympiade antreten zu können müssen Athleten also einen nicht unbeträchtlichen Teil ihrer Zeit auch dem Training für das Speedklettern opfern.

Der viel zu früh verstorbene österreichische Ausnahmekletterer und Bergsteiger David Lama hatte von Anfang an eine klare Meinung zu olympischem Klettern:

Solange man sich dessen bewusst ist, dass ein Wettkampf noch nie die Grundidee des Kletterns widergespiegelt hat und nie widerspiegeln kann, ist es weder gut noch schlecht. Es ist schlicht und einfach egal. (…) Müsste ich persönlich die Entscheidung treffen, würde ich mich aber klar gegen die Olympischen Spiele aussprechen.

Auffallend ist ohnehin wie viele Kletterer vom Geist und Gedanken des Kletterns sprechen und Speedklettern bewusst davon ausnehmen. Übrigens liegt der Weltrekord der Frauen bei 7,32 Sekunden, bei den Männern bei 5,48 Sekunden.


Lenkrad und Mittelkonsole eines alten Autos / Prozesse: Der Schlüssel zu autonomen Fahren

Prozesse: der Schlüssel zu autonomen Fahren

Nun stellt sich die Frage, was Prozesse mit autonomem Fahren überhaupt zu tun haben. Was sich vielleicht nicht direkt auf den ersten Blick erschließt, ergibt sich bei näherer Betrachtung ganz von allein. Auch wenn Automobilhersteller momentan ihr Augenmerk noch überwiegend auf technische, juristische und ethische Aspekte richten, bedeutet autonomes Fahren, Daten in Echtzeit empfangen, verarbeiten und übertragen zu können. Diese Aufgabe übernehmen Prozesse, die gewährleisten, dass ein Fahrzeug sicher und regelkonform vollautonom vom Ausgangs- zum Zielpunkt bewegt werden kann. Diese elementare und einfache Wahrheit geht zurzeit leider im Getöse rund um den Technik-Hype vollautomatisierten Fahrens unter.

Vollautonomes Fahren ist zurzeit noch eine Utopie

Wie weit wir aktuell noch von vollautomatisierter Fortbewegung entfernt sind, zeigt uns Abbildung 1. Die allermeisten Serienfahrzeuge lassen sich wohl unstrittig mit Merkmalen teilautomatisierten Fahrens (also Phase 2) beschreiben.


Abb. 1: Fünf Stufen bis zum vollautonomen Fahren

Prozesse sind die Nabelschnur, die vollautonome Fahrzeuge mit dem Füttern, was sie am dringendsten brauchen: Informationen. Vor allem anderen ist es deshalb notwendig, dauerhaft stabil arbeitende und nonstop verfügbare Prozesse zu gewährleisten. Nonstop-Verfügbarkeit bedeutet eine hundertprozentige Verfügbarkeit ohne eine einzige Sekunde an Ausfallzeit. Dies gilt nicht nur für einen Prozessschritt, ein System, einen Computer, sondern für eine Verkettung von Prozessen, die lebensnotwendige Informationen bereitstellen. Zum Vergleich: Eine Verfügbarkeit von 99,99 % bedeutet immer noch, auf ein Jahr gerechnet, eine Ausfallzeit von 52 Minuten. Zeit die wir, für einen Prozess, der im Millisekunden Bereich existenzielle Entscheidungen treffen muss, nicht haben. Natürlich können Systeme und Computer versagen. Sie werden von Menschen gebaut und sind damit per se fehlerbehaftet. Das bedeutet aber auch, dass Systeme und Prozesse hochredundant (ausfallsicher) ausgelegt werden müssen. Zudem müssen sie mit Katastrophen wie Gewittern, schweren Stürmen, Überschwemmungen oder Bränden einschränkungslos verfahren können.

Überlassen wir zukünftig einer Maschine die Entscheidung über Leben und Tod?

Wenn wir nun unser Leben einem automatisiert fahrenden Fahrzeug anvertrauen, machen wir uns also in hohem Maße von der eingesetzten Technik abhängig. Wir vertrauen ihr unser Leben an. Und nicht nur das. Wir vertrauen uns darüber hinaus Algorithmen an, die an unser statt, innerhalb eines Wimpernschlags, Entscheidungen treffen. Womöglich auch über Leben und Tod. Der Algorithmus beurteilt Verkehrssituationen und »berechnet« die bestmögliche Entscheidung. Soll dem Kind ausgewichen werden, das noch ein produktives Erwerbsleben vor sich hat, oder dem alten Mann, der nichts mehr zur gesellschaftlichen Produktivität beiträgt? Eine hochrangige Managerin eines Automobilzulieferers brachte dieses moralische Dilemma in einem unserer Gespräche auf den Punkt.

»Wir wissen heute noch überhaupt nicht, wie wir damit umgehen sollen, einem Algorithmus eine Entscheidung über Leben und Tod anzuvertrauen. Nach welchen Kriterien soll er die Situation bewerten? Wie bringen wir unsere Entwickler moralisch dazu, einen solchen Algorithmus zu entwickeln?«

Autonomes Fahren ist ständig beides: Prozessoptimierung und maschinelles Lernen

Beim autonomen Fahren kulminieren viele Aspekte der Digitalisierung wie die Vollautomatisierung von Prozessen, das Echtzeit-Datenmanagement, eine Nonstop-Prozess- und Technikverfügbarkeit sowie die Ermächtigung von Algorithmen. Autonomes Fahren demonstriert auf hervorragende Art und Weise die Anforderungen, die an die nächste Generation der Prozessoptimierung gestellt werden. Klassische Prozessoptimierung verliert in einem vollautomatisierten Prozess ihre Bedeutung. Vielmehr stellt die Verlagerung von Prozessen in eine vollständig autark ablaufende digitale Welt, außerhalb unserer Alltagserfahrungen und Beobachtungen, andere Ansprüche an zukünftige Optimierungsansätze. Prozessoptimierung wird gezwungen sein, zukünftig ebenfalls in digitaler Gestalt aufzutreten, um überhaupt Analysen eines Prozesses durchführen zu können. Ansätze wie das Process Mining werden in dieser Welt deutlich an Bedeutung gewinnen. Schlussendlich ist autonomes Fahren aber auch ein Paradebeispiel für den Einsatz und Umgang mitdenkender und sich selbst weiterentwickelnder Algorithmen.